Alle reden von Psychotherapie, aber was ist das eigentlich?

05.02.2025 von Hanna Volgmann

Psychotherapie ist ein gesprächsbasierter Ansatz, um psychische und psychisch bedingte körperliche Probleme zu behandeln. Die Behandlung erfolgt durch Einzel- oder Gruppengespräche zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in, die der Schweigepflicht unterliegen.1

Psychotherapie kann je nach Bedarf ambulant, teilstationär oder stationär erfolgen. Ambulante Sitzungen finden in einer psychotherapeutischen Praxis statt, die für die Termine besucht wird. Bei einer teilstationären Behandlung besucht der/die Patient*in eine Tagesklinik, in der die Person tagsüber an diversen Therapien teilnimmt, die Klinik aber jeweils abends verlässt. Bei einem stationären Aufenthalt hält sich eine Person für einige Tage oder Wochen dauerhaft in einer Klinik auf, in der sie an Einzel- und Gruppentherapien in einem strukturierten Tagesablauf teilnimmt.2

Was ist der Unterschied zwischen Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen?

Die Bezeichnungen klingen ähnlich und werden häufig verwechselt. Hier in Kürze, wie sie sich in Ausbildung und Zuständigkeitsbereich unterscheiden:

  • Psycholog*innen haben ein Psychologiestudium aber nicht zwingend eine therapeutische Ausbildung absolviert. Durch eine zusätzliche Ausbildung können sie sich aber als psychologische Psychotherapeut*innen qualifizieren.3
  • Psychotherapeut*innen haben nach dem Psychologiestudium eine umfassende Ausbildung als psychologische*r Psychotherapeut*in durchlaufen. Sie bieten Beratung, Diagnostik und Behandlung durch Psychotherapie an, aber verschreiben keine Medikamente.4
  • Psychiater*innen sind Fachärzt*innen, die nach einem Medizinstudium eine Weiterbildung in Psychiatrie und Psychotherapie abgeschlossen haben. Sie stellen Diagnosen, entwickeln Therapiepläne und verschreiben Medikamente, wie z. B. Antidepressiva.

Psychische Erkrankungen werden oft mit einer Kombination aus psychotherapeutischen und psychiatrischen Maßnahmen behandelt.

Wann ist eine Psychotherapie sinnvoll?

In welchen Fällen eine Psychotherapie notwendig und sinnvoll ist, müssen qualifizierte Psychotherapeut*innen beurteilen. Grundsätzlich kann man sagen, dass der Besuch einer psychotherapeutischen Sprechstunde sinnvoll ist, wenn man längerfristig einen persönlichen Leidensdruck und/oder einen Verlust von Lebensqualität durch eigene Gedanken, Handlungen oder Gefühle hat.

Wie finde ich einen Therapieplatz in meiner Nähe?

Wer psychische Unterstützung benötigt, kann zunächst eine*n Allgemeinmediziner*in aufsuchen, der/die bei Bedarf eine Überweisung zu einer Psychotherapeut*in ausstellt. Alternativ ist es möglich, direkt einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde („Erstgespräch“) zu vereinbaren. Dies kann bei Psychotherapeut*innen direkt, über den Patientenservice des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (Tel. 116117 oder online) sowie über psychotherapeutische Ambulanzen an Kliniken und Universitäten erfolgen. Wenn Kliniken Psychotherapeut*innen ausbilden, so wird in den Ausbildungsinstituten ebenfalls Therapie angeboten. Die Auszubildenden behandeln dort ihre Patient*innen im Austausch mit erfahrenen Supervisor*innen.5

Nach einer psychotherapeutischen Sprechstunde wird eine schriftliche Empfehlung für oder gegen eine Behandlung ausgestellt. Falls erforderlich, können dann einige Sitzungen psychotherapeutische Akutbehandlung oder probatorische Sitzungen (Probesitzungen) beginnen. Wenn ein längerer Behandlungsbedarf besteht, wird gemeinsam mit der/dem Psychotherapeut*in ein Therapieantrag bei der Krankenkasse gestellt. Sobald dieser bewilligt wird, kann die Kurzzeit- oder Langzeittherapie beginnen.6

Da der Bedarf an Psychotherapie in Deutschland groß ist, muss außer bei akuten schwerwiegenden psychischen Krisen mit einer Wartezeit für ein Erstgespräch sowie für die Bewilligung einer Psychotherapie gerechnet werden. In akuten schwersten psychischen Krisen sollte sich an den Rettungsdienst oder die nächstgelegenen Ambulanzen psychiatrischer Kliniken gewendet werden, Diese sind rund um die Uhr erreichbar. Bei ambulanten Psychotherapieangeboten muss man sich je nach Schwere der Probleme auf maximal drei bis fünf Wochen Wartezeit für ein Erstgespräch einstellen. In diesem Zeitraum müssen die vermittelnden Stellen (Ärztlicher Bereitschaftsdienst oder Krankenkassen) einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde bereitstellen.7

Wer bezahlt eine Psychotherapie?

In Deutschland werden die Kosten für Psychotherapie bei zugelassenen Psychotherapeut*innen von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen übernommen. Es ist wichtig zu wissen, dass Psychotherapeut*innen von Heilpraktiker*innen für Psychotherapie zu unterscheiden sind: Während Psychotherapeut*innen ein Studium und eine mehrjährige Ausbildung abgeschlossen haben, müssen Heilpraktiker*innen keine verpflichtende Ausbildung durchlaufen und ihre Tätigkeiten von den Patient*innen selbst bezahlt werden.

Alternativ zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse kann man Psychotherapie als Selbstzahler*in in Anspruch nehmen. In diesem Fall werden das Honorar und die Therapiemethode direkt mit der/dem Psychotherapeut*in vereinbart. Eine privat finanzierte Therapie wird nicht in den Akten der Krankenkasse dokumentiert, bleibt also anonym. Die Kosten können jedoch für viele Menschen eine Hürde darstellen und den Therapiebedarf im gesellschaftlichen Bewusstsein verdecken.

Welche Therapieformen gibt es?

Es gibt heute über 100 verschiedene psychotherapeutische Methoden, die sich in ihrem Verständnis von psychischen Erkrankungen und den daraus abgeleiteten Therapieansätzen unterscheiden. In Deutschland sind vier psychotherapeutische Therapieverfahren von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannt8:

  • Verhaltenstherapie
  • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • Systemische Therapie
  • Analytische Psychotherapie

Online-Psychotherapie: Psychologische Hilfe ortsunabhängig

Während die meisten Psychotherapien analog erfolgen, gibt es in den letzten Jahren zunehmend auch digitale Angebote für Psychotherapie. Diese bieten potenziell barriereärmere Therapieoptionen, da Wege zur Praxis entfallen. Bei Online-Angeboten erfolgt die Terminvergabe teilweise auch schneller. Ob das digitale Setting aber für eine Person geeignet ist, muss individuell entschieden werden.

 

Literaturverzeichnis

1 Psychotherapeutenkammer Hessen: Was ist Psychotherapie?
URL: https://ptk-hessen.de/fur-patienten-und-ratsuchende/was-ist-psychotherapie/
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

2 Kassenärztliche Bundesvereinigung: Psychotherapie.
URL: https://www.116117.de/de/psychotherapie.php
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

3 Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen: Ausbildung zur/zum Psychologischen Psychotherapeutin/Psychotherapeuten.
URL: https://www.bdp-verband.de/profession/studium-und-weiterbildung/ausbildung-in-psychotherapie
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

4 Bundesministerium für Gesundheit: Moderne Ausbildung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
URL: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/psychotherapeutenausbildung
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

5 Deutsches Ärzteblatt/ Hoffmann, Lukas: Facharzt-Weiterbildung Psychiatrie und Psychotherapie: Dauer, Inhalte, Berufsperspektiven.
URL: https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/facharzt-weiterbildung-psychiatrie-psychotherapie
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

6 Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) Arbeitsgemeinschaft der Landespsychotherapeutenkammern: Wen kann ich um Rat fragen?
URL: https://www.wege-zur-psychotherapie.org/wen-kann-ich-um-rat-fragen/
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

7 Deutsche PsychotherapeutenVereinigung: Wenn ich keinen Psychotherapieplatz finde…
URL: https://www.dptv.de/fileadmin/Redaktion/Bilder_und_Dokumente/ Wissensdatenbank_oeffentlich/Broschuere/DPtV-Faltblatt_Kosten.pdf
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].

8 Deutsche PsychotherapeutenVereinigung: Psychotherapieverfahren.
URL: https://www.dptv.de/psychotherapie/psychotherapieverfahren/
[zuletzt abgerufen am 03.12.2024].