Depressivität im Schulalter: Schüler*innen in psychischen Krisen professionell unterstützen

09.04.2025 von Judith Junk

Was tun, wenn Schüler*innen mit seelischen Problemen zu kämpfen haben? Lehrkräfte stehen oft vor der Herausforderung, Anzeichen von Depressivität bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Das Fallbuch „Depressivität im Schulalter“ von Armin Castello, Friederike Grabowski und Gunnar Brodersen bietet praxisnahe Ansätze, um Lehrkräfte für diese schwierige Aufgabe zu sensibilisieren und ihnen konkrete Handlungsstrategien an die Hand zu geben.

Beispiele für depressive Schüler:innen im Schulalltag

Die Siebtklässlerin Sofia wird in ihrer Klasse gemobbt, zudem haben sich ihre Eltern getrennt. Sie wirkt oft niedergeschlagen und äußert im Gespräch mit ihrer Lehrerin suizidale Gedanken. Der vierzehnjährige Leon ist im Elternhaus mit Alkoholproblemen konfrontiert. Er fällt in der Schule durch Lern- und Verhaltensprobleme auf, reagiert schnell gereizt und aggressiv, schlägt zu, wirkt aber auch häufig müde und bedrückt. Diese beiden Fälle verdeutlichen, wie unterschiedlich sich depressive Symptome bei Schüler*innen zeigen können.

Das Buch „Depressivität im Schulalter“ stellt insgesamt fünf solche Fallbeispiele vor, darunter auch eines aus dem Grundschulbereich. Ziel ist es, Lehrkräfte dazu zu befähigen, erste Anzeichen von Depressivität zu erkennen und passende schulische Ressourcen zu aktivieren, um den betroffenen Schüler*innen zu helfen.

Professioneller Umgang mit Depressionen bei Schüler*innen

Die Autor*innen wenden sich mit ihrem Buch explizit an Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte, die im Schulalltag mit psychisch belasteten Kindern und Jugendlichen konfrontiert sind. Sie fundieren realistische Fallbeispiele durch theoretisches Basiswissen und geben einen Überblick zu Möglichkeiten pädagogischen Handelns in der Praxis. Denn besonders im Hinblick auf die oft langen Wartezeiten für therapeutische Angebote ist die Handlungskompetenz der Lehrkräfte entscheidend – in manchen Fällen sogar lebensrettend.

Theoretischer Teil: Basiswissen und schulische Ressourcen

Im ersten Teil des Buches wird das notwendige Grundwissen zu Depressionen im Kindes- und Jugendalter vermittelt. Neben den Grundlagen zur Entstehung und Symptomatik von Depressionen sowie den wichtigsten Risiko- und Schutzfaktoren erfahren Lehrkräfte, wie sie mit einem Anfangsverdacht, auf Basis einer zielorientierten pädagogischen Dokumentation, umgehen können. Hierbei werden auch hilfreiche Fragen und Techniken vorgestellt, die im Gespräch mit betroffenen Schüler*innen angewendet werden können, um deren Ressourcen zu (re-)aktivieren.

Das Buch stellt außerdem präventive Maßnahmen und Programme vor, darunter Übungsbücher zur Selbstwahrnehmung und hilfreiche Adressen für weiterführende Unterstützung. Schulleitungen erhalten Empfehlungen, wie sie depressive Schüler:innen durch Nachteilsausgleiche oder Wiedereingliederungsmodelle nach einem Psychiatrieaufenthalt unterstützen können. Der theoretische Teil schließt mit der Ermutigung, schulische Anstrengungen evaluativ zu begleiten. So kann der schulinterne Umgang mit psychisch belasteten Schüler:innen fortlaufend verbessert werden.

Praktischer Teil: Fallbeispiele und konkrete Handlungsanweisungen

Der zweite Teil des Buches schildert fünf Fallbeispiele aus dem Schulalltag. Die dargestellten Fälle zeigen detailliert, wie sich depressive Symptome äußern und welche pädagogischen Maßnahmen ergriffen werden können, um den Schüler:innen zu helfen. So wird beispielsweise Sofia durch den schulpsychologischen Dienst und eine Psychotherapie unterstützt, während Leon mit seinem Schulsozialarbeiter Selbstmitgefühls-Übungen durchführt.

Fazit: Ein Must-Have für alle Lehrkräfte und Schulleitungen

Mit nur 152 Seiten bietet „Depressivität im Schulalter“ kompaktes und praxisnahes Wissen, das sich leicht auf andere Krisen oder Verdachtsfälle bei Jugendlichen übertragen lässt, da der Handlungsleitfaden diesbezüglich offen ist. Besonders junge Lehrkräfte und diejenigen ohne viel Erfahrung im Umgang mit psychisch belasteten Schüler:innen werden durch das Buch befähigt, kompetent zu handeln. Es sollte aus meiner Sicht daher in keiner Schul- oder Schulleitungsbibliothek fehlen. Armin Castello, Friederike Grabowski, Gunnar Brodersen: Depressivität im Schulalter. Fachlich fundiert pädagogisch handeln. Kohlhammer 2024. 152 Seiten, 34 Euro.

Vertiefendes Wissen zu Depressionen bei Kindern und Jugendlichen

Alle, die an einer Grundschule arbeiten, finden bei tomoni.starts das Modul Depression, in dem speziell auf die Erkrankung bei Grundschulkindern eingegangen wird. Das Pendant gibt es auch bei tomoni.schools für alle, die an einer weiterführenden Schule arbeiten.