Spaß oder Ernst? Die Gefahren und Risiken von Lachgas-Konsum
Auf dem Weg zur Schule liegen kleine silberne Metallkapseln. Sie sind unbeschriftet und geöffnet. Am Straßenrand liegt eine große, bunt bedruckte Metallkartusche. Auch sie ist leer – hier wurde Lachgas konsumiert. Doch was ist das eigentlich?
Vom Betäubungsmittel zur Partydroge und in den Supermarkt
Lachgas, auch bekannt als Distickstoffmonoxid (N₂O), ist ein farbloses und geruchloses Gas, das beim Einatmen leicht süßlich wahrgenommen wird. In medizinischen Kontexten wird die chemische Verbindung aus Sauerstoff und Stickstoff seit rund 200 Jahren als Betäubungsmittel verwendet. Doch fast genauso lange wird es als Rauschmittel genutzt, immer wieder auch von jungen Menschen. Zudem findet Lachgas Verwendung in der Lebensmittelindustrie, zum Beispiel zum Aufschäumen von Schlagsahne oder Pudding und zur Anreicherung von Energy Drinks. Deshalb sind die Lachgaskapseln, die für Schlagsahnebereiter verwendet werden, auch in Supermärkten erhältlich.1
Zu medizinischen Zwecken wird Lachgas mit Sauerstoff kombiniert über eine Nasenmaske verabreicht.2 Für den Konsum als Rauschmittel wird es häufig in Luftballons gefüllt und daraus eingeatmet. Alternativ wird es aus Plastiktüten, oder direkt aus den im Handel frei erhältlichen Kapseln oder Kartuschen inhaliert. In Deutschland hat die Beliebtheit von Lachgas-Kartuschen in den letzten Jahren stark zugenommen, und viele Kioske sowie Onlineshops bieten diese inzwischen an, um damit zusätzliche Einnahmen zu generieren.3
Lachgas wird von Jugendlichen meist in Gruppen konsumiert, häufig im öffentlichen Raum. Auf Partys sieht man ebenfalls oft Luftballons und Kartuschen mit dem Gas. Laut einer deutschen Studie aus dem Jahr 2022 haben rund 17 Prozent der befragten Jugendlichen mindestens einmal in ihrem Leben Lachgas konsumiert. Jugendliche, die bereits andere Drogen probiert haben, neigen dabei eher dazu, auch Lachgas auszuprobieren.4
Welche Wirkung hat Lachgas auf Menschen?
Die Wirkung von Lachgas tritt fast sofort nach dem Einatmen ein. Neben einem starken Gefühl der Beruhigung verspüren viele Menschen im Rausch auch Glücksgefühle. Lachgas kann zudem Schwindel, Benommenheit und eine veränderte Wahrnehmung von Zeit hervorrufen. In medizinischen Kontexten schätzt man die schmerzlindernde und betäubende Wirkung des Gases.
Risiken und Nebenwirkungen des Konsums
Trotz der kurzen und scheinbar harmlosen Wirkung birgt der Konsum von Lachgas erhebliche Risiken. Häufige Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Herzrasen und Ohnmacht. Durch die Benommenheit und den möglichen Koordinationsverlust erhöht sich das Risiko für Unfälle während des Rausches. In einigen Fällen kann Lachgas auch Halluzinationen hervorrufen, die teilweise eine medizinische Behandlung erforderlich machen. Diese akuten Nebenwirkungen können über die Dauer des Konsums hinausgehen und bis zu einer halben Stunde lang anhalten.
Bei häufigem Konsum sind auch schwerwiegendere Nebenwirkungen möglich.5 Hierzu zählen neurologische Schäden und Lähmungen, die in seltenen Fällen irreversibel sein können.6 Zudem stoppt wiederholter Lachgaskonsum die Aktivität des Vitamins B12 im Körper, was dazu führt, dass im Knochenmark nicht genügend rote Blutkörperchen produziert werden und eine Blutarmut entstehen kann.7
Beim direkten Inhalieren von Lachgas aus Kartuschen besteht die Gefahr von Erfrierungen, da die Metallkapseln beim Ausströmen des Gases extrem kalt werden. Wenn Haut oder Mund in Kontakt mit diesen Kartuschen kommt, kann das zu Gewebeschäden führen.8
Eine weitere potenzielle Gefahr des Lachgaskonsums ist Sauerstoffmangel, der auftreten kann, wenn das Rauschmittel unverdünnt eingeatmet wird. Das Risiko wird noch verstärkt, wenn Lachgas durch über den Kopf gestülpte Plastiktüten oder in engen Räumen eingeatmet wird. In solchen Fällen kann es zu Hirnschäden oder in Einzelfällen sogar zu Erstickungen kommen.9 Sehr selten können durch Lachgas auch Thrombosen ausgelöst werden.10
Aus dem Luftballon in die Sucht?
Lachgas birgt ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial – insbesondere auf psychischer Ebene. Zwar gibt es bisher keine Belege dafür, dass Lachgas eine körperliche Sucht verursacht. Dennoch führt die kurze Wirkung des Rausches bei vielen Menschen dazu, dass sie es immer wieder verwenden, um erneut das intensive, aber flüchtige Rauschgefühl zu erleben. Dieser Kreislauf kann schnell zu einem problematischen Konsumverhalten führen.
Prävention und ein mögliches Verbot von Lachgas
In einigen Ländern wurde Lachgas aufgrund seiner potenziell gefährlichen Nebenwirkungen bereits verboten. In Frankreich und Belgien ist es Minderjährigen untersagt, Lachgas zu kaufen. In den Niederlanden wurden der Verkauf und Besitz von Lachgas – abgesehen von medizinischen Zwecken – vollständig verboten.
In Deutschland wird aktuell ebenfalls über eine Gesetzesänderung debattiert. Der Bundesrat strebt an, den Missbrauch von Lachgas durch Jugendliche zu verhindern und entsprechende Maßnahmen durch den Bundestag beschließen zu lassen.
Aufklärung in der Schule
Ein staatliches Verbot von Lachgas kann jedoch vermutlich, wie bei vielen anderen Drogen, den Konsum nicht vollständig eindämmen. Daher ist es umso wichtiger, bereits in der Schule Präventionsarbeit zu leisten. Regelmäßige Aufklärung über die Gefahren von Sucht und Drogenkonsum kann dazu beitragen, Jugendliche für die damit einhergehenden Risiken zu sensibilisieren. Wie diese Suchprävention gestaltet werden kann, wird im Modul „Sucht“ der Fortbildungsreihe tomoni.schools thematisiert. So werden Lehrkräfte dabei unterstützt, gut informiert wirksame Präventionsarbeit zu leisten.
Literaturverzeichnis
1 ginko Stiftung für Prävention: Factsheet Lachgas.
URL: https://www.ginko-stiftung.de/download/Material/231221_ginko_Factsheet_DinA4_barrierefrei_final.pdf/
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
2 Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V.: Sedierung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.
URL: https://www.bzaek.de/service/positionen-statements/einzelansicht/sedierung-in-der-zahn-mund-und-kieferheilkunde.html
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
3 Werse, Bernd, Martens, Jennifer, Klaus, Luise, Kamphausen, Gerrit: Monitoring-System Drogentrends MoSyD Jahresbericht 2022 Drogentrends in Frankfurt am Main.
URL: https://frankfurt.de/-/media/frankfurtde/service-und-rathaus/verwaltung/aemter-und-institutionen/drogenreferat/pdf/mosyd-studie-2022.pdf?dmc=1
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
4 Sanders, Robert D., Weimann, Jörg, Maze, Mervyn, Warner, David S., Warner, Mark A.: Biologic Effects of Nitrous Oxide: A Mechanistic and Toxicologic Review, in: Anesthesiology, Jg. 2008; 109, S. 707–722
URL: https://pubs.asahq.org/anesthesiology/article/109/4/707/8505/Biologic-Effects-of-Nitrous-OxideA-Mechanistic-and
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
5 Dawudi, Yachar, Azoyan, Loris, Broucker, Thomas D. E., Gendre, Thierry, Miloudi, Amal, Echaniz‑Laguna, Andoni, Mazoyer, Julie, Zanin, Adrien: Marked increase in severe neurological disorders after nitrous oxide abuse: a retrospective study in the Greater Paris area, in: Journal of Neurology, Jg. 2024; 271, S.3340–3346
URL: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11136741/pdf/415_2024_Article_12264.pdf
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
6 van Amsterdam, Jan, Nabben, Ton, van den Brink, Wim: Recreational nitrous oxide use: Prevalence and risks, in: Regulatory Toxicology and Pharmacology, Jg. 2015; 73, S. 790-796
URL:https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S027323001530101X?via%3Dihub
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
7 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Drogenlexikon Lachgas.
URL:https://www.drugcom.de/drogenlexikon/buchstabe-l/lachgas/
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].
8 Sun, Wen, Liao, Ji-Ping, Hu, Yan, Zhang, Wei, Ma, Jing, Wang, Guang-Fa: Pulmonary embolism and deep vein thrombosis caused by nitrous oxide abuse: A case report in: World Journal of Clinical Cases, Jg. 2019; 23, S.4057-4062
URL:https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6906557/
[zuletzt abgerufen am 04.12.2024].